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Die Psychologie des Beeindruckens


Mann wird beklattscht

Wir mögen in der Schule viele schlaue Dinge lernen, aber eines wird uns dort nicht beigebracht: Nämlich wie man mit Menschen umgeht und diese von sich überzeugen kann. In diesem Artikel möchten wir Ihnen daher die Psychologie des Beeindruckens etwas näher bringen. Dabei geht es um Kommunikation auf Metaebene. Viele der Paradigmen sind dem Verkaufsspektrum, dem Neuromarketing oder der Werbeindustrie entlehnt. Sie werden allerdings schnell begreifen, dass die Prinzipien universeller Natur sind und auch in unzähligen anderen Situationen anzutreffen sind. Die Kenntnis über persuasive Kommunikation ist einerseits nützlich, um nicht Propaganda, politischem Framing, Blendern oder manipulativen Verkaufsmethoden auf den Leim zu gehen, anderseits helfen einem Rhetorik und Verhaltenspsychologie auch auf dem Gesellschaftsparkett. Bsp. bei Bewerbungen, Vorstellungsgesprächen, Lohnverhandlungen etc.


Axiome der Beeinflussung

Eine der grössten Herausforderungen unserer Zeit ist es, dass unsere Psyche und Physis mit der rasanten technologischen Entwicklung nicht Schritt halten kann. Wenn man so will sind wir in vielerlei Hinsicht Steinzeitmenschen in einer modernen Welt, was wiederholt zu Komplikationen führt. Ferner geht die Hirnforschung davon aus, dass wir im Schnitt 90‘000 Gedanken am Tag ausgesetzt sind und rund 20‘000 Entscheidungen zu treffen haben. Stellen Sie sich mal vor das geschähe alles bei vollem Bewusstsein. Ein Ding der Unmöglichkeit! Wir verfügen schlicht nicht über die mentale Kapazität alle Situationen in allen Einzelheiten zu prüfen. Zumal die Komplexität tendenziell steigt bzw. im Zuge der Reizüberflutung immer mehr und variablere Stimuli auf uns hereinprasseln.


Shortcuts

Um Entscheidungen ressourcenschonend und effizient treffen zu können, vertrauen wir oft auf sogenannte Shortcuts. Shortcuts sind Faustregeln und gewissermassen elegante Abkürzungsformeln, die uns erlauben die Dinge einzuordnen, sobald bestimmte Schlüsselmerkmale vorhanden sind. Das bemerkenswerte daran ist, dass es sich hierbei um rigide Verhaltensmuster handelt, die häufig genau auf einem einzigen Trigger basieren. Und obschon uns voreilige Schlüsse fehleranfällig machen vertrauen wir unterbewusst auf solch primitive Routinen. Besonders trügerische Stereotypen sind bsp. „was teuer ist, muss gut sein“ oder „was knapp verfügbar ist, muss wertvoll sein“. Denn nicht immer muss der Preis ein verlässlicher Indikator für Qualität sein. Genauso wie das Prädikat wertvoll nicht immer einen kausalen Zusammenhang zu schierer Knappheit haben muss. Eine weitere neuralgische Urteilsheuristik ist bsp. „Wenn dieser Experte das sagt, dann wird es wohl stimmen“. Auch mit solch einer Hypothese können wir uns auf Glatteis begeben. Jedenfalls ist es sehr waghalsig. Gerade wenn man bedenkt, dass Prominenz die Kompetenz vielfach schlägt!


Emotionen

In Entscheidungssituationen, welche einen bestimmten Aussendruck ausüben, verlassen wir uns fast ausschliesslich auf unsere Emotionen. Im Zweifelsfall zieht die Vernunft gegenüber unseren Gefühlen immer den Kürzeren. Im Nachhinein begründen wir zwar logisch, aber entschieden wird emotional.

Ein Umstand der auch Verkäufern sowie Werbe- und Marketingfachleuten nicht entgangen ist. Mit rationalen Argumenten – egal wie schlüssig sie sind – ist an Kunden nur bedingt heranzukommen, wenn diese nicht aktiv danach suchen und empfänglich dafür sind. Die emotionale Schiene zu fahren, wo auch mal munter auf die Tränendrüse gedrückt wird, ist viel zielführender. Dies rührt daher weil unsere Emotionen aus evolutionärer Sicht sehr viel länger mit uns verbandelt sind. Rationales Denken entwickelte sich erst wesentlich später.


Unser Gehirn


Grafik Gehirn mit Neocortex Lymbischem System Reptiliengehirn

Unsere Instinkte, Reflexe und unbewussten Abläufe entspringen dem Reptiliengehirn (Stammhirn). Emotionen, Empathie sowie das Affekt- und Triebverhalten wiederum fussen auf dem lymbischen System (Amygdala und Hippocampus). Diese beiden Elemente sind zwar uralte und primitive Gehirnstrukturen, dafür sind ihre Gedankengänge verdammt schnell. Demgegenüber steht der Neocortex, wo die Ratio beheimatet ist. Obschon es sich entwicklungsgeschichtlich um den “neuesten“ Gehirnteil handelt, ist er sehr träge Das liegt schlichtweg daran, dass eine fundierte Analyse immer ihre Zeit braucht.


Bei Entscheidungen kann der Mensch also grundsätzlich also auf zwei “Festplatten“ zugreifen: Die alte, schnelle, fehleranfällige oder die neue, langsame, solide. Damit verfügen wir Menschen über bedeutend mehr kognitive Möglichkeiten als irgendeine andere Spezies. Genau diese Überlegenheit hat uns zur dominierenden Lebensform auf der Erde werden lassen. Nur wird unser offenkundige Vorteil zunehmend nutzlos, weil wir uns mit unserer Geistesstärke eine komplexere Umwelt geschaffen und beim Tempo ordentlich auf die Tube gedrückt haben. Mit der Konsequenz, dass wir uns immer seltener den Luxus einer gründlichen Analyse leisten können und in der Entscheidungsfindung wieder vermehrt auf primitive Muster zurückgreifen müssen. Mit unserem Intellekt nötigen wir uns also selber auf das Niveau geringer entwickelter Tiere, deren Denkleistung seit jeher limitiert war.


Reziprozitätsregel

“Geben ist seliger als Nehmen“

Die Reziprozitätsregel “schreibt vor“, dass wir uns für Gefälligkeiten, Geschenke, Einladungen und dergleichen bei der nächstbietenden Gelegenheit zu revanchieren haben. Fallweise kann das Verbundenheitsgefühl sogar so stark ausgeprägt sein, dass versucht wird die Vorleistung auf der Stelle zu egalisieren. Dieses ungeschriebene Gesetz ist uralt und der Menschheit ist offenbar viel daran gelegen den Glauben daran aufrecht zu erhalten. Schon die Bibel schrieb im neuen Testament “Geben ist seliger als nehmen“, sodass wir regelrecht darauf getrimmt wurden. Wer sich nicht dran hält wird sozial geächtet. In uns keimt insgeheim eine tiefe Abneigung gegen all diejenigen, die nehmen ohne zu geben und wir versetzen Berge, um unter keinen Umständen selber als undankbar oder geizig durchzugehen. Genau wegen dieser Konditionierung geraten wir aber oft in die Fänge von Leuten, die aus unserem reziproken Verhalten Profit zu schlagen versuchen.


“Gratis ist gestorben“

Haben Sie schon mal die Erfahrung einer teuer bezahlten Gratisprobe gemacht? Wahrscheinlich schon. Mit verkaufsfördernden Massnahmen wie Samples und Give-Aways wird auf Ihre reziproke Sozialisierung abgezielt. Ebenso wie bei folgender Soft-Selling Strategien, wo man sich Ihnen auf indirekte Weise nähert: Ohne den Eindruck von Werbung und Verkauf zu erwecken, wird Wert gestiftet und mit Kundennutzen in Vorleistung gegangen - Wohlwissend, dass Sie dann viel eher geneigt sein werden etwas zurück zu geben. Oder stellen Sie sich mal vor Sie sitzen in einem Restaurant und der Kellner bringt Ihnen die Rechnung zusammen mit ein paar Süssigkeiten. Sitzt ihr Portemonnaie nicht gleich viel lockerer, wenn es anschliessend ums Trinkgeld geht? Wenn Sie bei obgenannten Beispielen Betroffenheit verspüren, dann haben Sie die Reziprozitätsregel verstanden.


Korruption, Bestechlichkeit

Geschenke sind dennoch ein zweischneidiges Schwert, namentlich wenn man derjenige ist, der mit dem Ritual beginnt. Einerseits möchte man nicht als Geizhals durchgehen, andererseits aber auch nicht der Korruption bezichtigt werden. Sind Mitbringsel “too much“ können sie relativ schnell den Anschein erwecken, dass Sie der einhelligen Meinung sind, die Leute seien käuflich bzw. Sie es nötig haben sich die Leute mit materiellen Dingen gefügig zu machen. Denken sie nur mal an die Arbeitsdoktrin der Polizei, die aus Prinzip keine Geschenke annehmen und irgendwelchen Gefälligkeiten verfallen darf. Die psychologisch geschulten Ausbildner wissen um die Gefahr der Befangenheit und dem drohenden Vorwurf der Bestechlichkeit nur zu gut.


Commitment und Konsistenz

“Wer A sagt, muss auch B sagen“

Etwas vom Mächtigsten auf diesem Planeten ist eine Entscheidung gekoppelt an ein starkes Commitment. Wir Menschen haben das unbedingte Bedürfnis, uns selbst und anderen gegenüber als konsistent zu erscheinen. Haben wir erst einmal einen festen Standpunkt eingenommen, beginnen intrapsychische Kräfte zu wirken, die uns fast dazu geisseln, uns in Übereinstimmung mit diesem Entschluss zu verhalten. Das Bestreben nach Konsistenz ist so tief in uns verankert, dass wir uns bisweilen sogar vor uns selber rechtfertigen.

  • Bsp. wenn wir Kaufentscheidungen nachträglich zu rationalisieren beginnen.

  • Oder besinnen Sie sich mal auf Soldaten des 2. Weltkriegs, deren Schwur auf den Führer selbst 70 Jahre nach dessen Tod fortwirkt. Bei denen droht ein ganzes Weltbild zusammenzubrechen würden sie sich nicht in irgendeiner Weise vor sich selber verteidigen.

  • Ein anderes Phänomen sind schriftliche Zielvereinbarungen mit öffentlicher Verlautbarung. Gehen wir davon aus Sie sind Raucher und möchten sich Ihrer schlechten Gewohnheit entledigen. Am besten halten Sie das Vorhaben schriftlich fest und posten es publizitätswirksam auf Social Media. Ein erneutes Einknicken ist dann aufgrund der drohenden öffentlichen Pein und sozialen Schmach wesentlich minimiert.

  • Und zu guter Letzt möchten wir an dieser Stelle noch die “positiven Unterstellungen“ erwähnt haben - Einer bei Lehrkräften beliebten Praktik. Mit Aussagen wie „Du bist ein Musterschüler“ oder „Du bist ein Lausbube“ werden die Schützlinge auf eine bestimmte Rolle geeicht. Durch solche Leitplanken lassen sich Menschen stark beeinflussen, weil sie fortan ihrer Rolle entsprechen wollen. Insbesondere dann, wenn es positive oder sonst wie erstrebenswerte Eigenschaften sind.


Investitionsprinzip

Besonders tückisch werden Commitment und Konsistenz dann, wenn sie im Anschluss an eine zuvor getätigte Investition folgen. Haben wir schon viel investiert, fällt es uns unheimlich schwer wieder von einer Sache abzurücken. Wobei die Investitionen materieller, gedanklicher oder emotionaler Natur sein können. Es ist eine universelle Dynamik die auch für den zwischenmenschlichen Bereich gilt. Interpersonell allerdings mit der Besonderheit, dass bei Investitionen auf der Geberseite die Bindung gestärkt wird, während sie auf der Nehmerseite tendenziell sinkt.

  • Stellen wir uns vor ein Mann investiert sein ganzes Erspartes in eine Hochzeit und die Braut lässt das Grossereignis beim Ja-Wort platzen: Wäre der Betroffene zu einem früheren Zeitpunkt noch relativ souverän mit der Zurückweisung umgegangen, kann ihn so ein Erlebnis um Jahre zurück werfen. In Extremfällen poppen sogar suizidale Gedanken auf oder die Person verfällt irgendwelchen Süchten.

Investitionen sind übrigens generell immer dann sehr wahrscheinlich, wenn sich der Investierende von der Sache oder Person irgendein Mehrwert verspricht. Ob dieser objektiv da ist oder nicht, ist erstmal zweitrangig, aber subjektiv muss er da sein. Und genau da kommen die obgenannten Shortcuts zum Greifen. Denn wir machen uns selten die Mühe einer fundamentalen Analyse, sondern verlassen uns auf kurze und einfache Entscheidungswege.


Complience-Test, Yes-Ladder, Low-Ball-Technik

Wenn Investitionen also Bindung erzeugen, muss man im Umkehrschluss, wenn man andere beeinflussen will, diese dazu bewegen in etwas zu investieren. Ein Aspekt den Verkäufer dann und wann sehr systematisch angehen:

  • Ganze Verkaufsleitfäden sind auf Konzepten wie dem Complience Test (Einverständnistest) oder der Yes-Ladder (Ja-Leiter) aufgebaut. Bei Letzterer wird bsp. mit kleinen Investitionen gestartet, um nur nach und nach mehr einzufordern und dabei regelrecht auf die Höflichkeit zu pochen.

  • Oder wenn‘s noch ein bisschen fieser sein darf: Die Low-Ball-Technik. Bei dieser Masche sieht der Ablauf so aus, dass der Kunde vorerst mit einem exorbitanten Entgegenkommen zu einer Kaufentscheidung verleitet wird. Hat der Kunde dann für sich die Entscheidung getroffen, kommt, ehe das Geschäft unter Dach und Fach ist, ein taktischer Rückzieher, womit das joviale Entgegenkommen wieder vom Tisch genommen wird. Das ätzende daran ist, dass wenn das Commitment mal Wurzeln geschlagen hat, selbst dann fortbesteht, wenn die Bedingungen die dazu geführt haben längst nicht mehr gegeben sind.


Soziale Bewährtheit

Das Prinzip der sozialen Bewährtheit dient uns als Entscheidungshilfe, indem in einer gegebenen Situation darauf geschaut wird wie sich andere verhalten. Unter folgenden zwei Bedingungen wirkt es besonders intensiv: 1. Bei hohem Unsicherheitsfaktor, 2. Ähnlichkeit zu den Leuten deren Verhalten wir nacheifern. Folgende Beispiele sollen die Gesetzmässigkeit versinnbildlichen:

  • Accomplishment Introduction (Leistungseinführung): Eine Sekretärin vereinbart einen Kundentermin für einen Aussendienstmitarbeiter und erwähnt am Ende noch beiläufig „Herr XY ist unser versiertester Mann mit über 30 Jahren Branchenerfahrung“. Wenn der Mitarbeiter dasselbe von sich behaupten würde wäre es ein Bluff. Wenn es aber eine unabhängige Person tut, dann ist es Werbung.

  • Multilevel- /Empfehlungsmarketing: Am Anfang eines Beratungsgespräches stellt Ihnen der Vertriebler folgende Frage: „Gehen wir davon aus, Sie sind mit meiner Beratung zufrieden, wären Sie dann bereit mir Namen aus Ihrem Freundeskreis zu nennen, die ebenfalls Interesse an dem Angebot haben könnten?“. Wenn Sie da „Ja“ sagen, wird er am Ende des Verkaufsgespräches unverhohlen auf das längst vergessene Versprechen zurückkommen und Sie sind geliefert. Geschätzten Fall der Vertriebler ruft in der Folge dort an und bezieht sich auf Ihre Empfehlung, was denken Sie wie hoch die Chancen stehen, dass er nicht zumindest vorstellig werden kann? Etwa 90 zu 10. Ihn abzuwimmeln wäre in etwa so, wie wenn die genannte Person Ihnen selber eine Abfuhr erteilen würde.

  • Lachsalven, Claqueure: Kennen Sie noch die überdrüssigen Lachsalven in den TV-Soaps aus den 90ern? Im Mittelalter gab es dafür den Berufsstand des Claqueurs, dessen einzige Aufgabe es war während Theaterstücken Beifall zu klatschen und mit inszenierten Gelächtern ordentlich einzuheizen.

  • Bettelhut, Trinkgeld: Gewiefte Bettler und Strassenkünstler beginnen Ihre Arbeit extra nicht mit leerem Hut. Genauso wie gerissene Barkeeper schon am frühen Abend ein paar Scheine ins Trinkgeldglas stecken.

Strafen & Verbote

Soziale Bewährtheit ist ein sehr mächtiges Prinzip, das manchmal makabre Blüten treibt und auch schon für Strafen und Verbote sorgte:

  • So wurde bsp. aufgrund des “Bystander-Effekts“ unterlassene Hilfeleistung unter Strafe gestellt. Aus der Verhaltenspsychologie ist bekannt, dass die Annahme, eine grosse Menge an Leuten gebe im Notfall Sicherheit, völlig utopisch ist. Im Gegenteil: In Notsituationen hat eine Person die auf Hilfe angewiesen ist, die weitaus besseren Karten, wenn nur ein einziger Mensch die Szenerie beobachtet.

  • Ein anderes beklemmendes Beispiel ist der „Werther-Effekt“, welcher auf den Roman „Die Leiden des jungen Werthers“ von Goethe zurückgeht. Als die tragische Geschichte, bei der sich die Hauptfigur das Leben nahm, publiziert wurde, löste dies eine nie dagewesene Nachahmer-Welle aus. Weil die Suizidrate in lichte Höhen schnellte, musste das Buch in zahlreichen europäischen Ländern aus dem Verkehr gezogen werden.

Preselection (Vorauswahl), Referenzen

Wozu gibt es Reviews im Internet? Warum werden Hotels und Restaurants nicht müde positive Bewertungen zu ergattern? Weswegen kriegen Restaurants die ohnehin schon zum Bersten voll sind noch mehr Kunden ab? Weshalb zieht es Sie wie von Geisterhand in die Diskothek mit der längsten Warteschlange? Wieso vergucken Sie sich als Single immer in Vergebene? Naja, das liegt glattweg daran, dass wir Menschen den Wert einer Sache mitunter daran bemessen, was andere davon halten!


Sympathie

Schönheit blendet

Gutaussehende Leute geniessen einen „Vorteil“. Sie profitieren davon, dass ein dominantes Merkmal (in diesem Fall ihr Aussehen) das Gesamtbild förmlich überstrahlt. Attraktiven Menschen werden so auch andere positive Charaktereigenschaften wie bsp. Begabung, Freundlichkeit und Intelligenz zugeschrieben - Unter Sozialwissenschaftlern besser bekannt als Halo-Effekt. Ironischerweise sind sich hübsche Menschen der Tatsache durchaus bewusst, dass die positiven Attribute, welche ihnen attestiert werden, nicht auf ihren wirklichen Fähigkeiten und Eigenschaften beruhen. Und dieses verzerrte Bild, dem sie ausgesetzt sind, bleibt nicht ohne Folgen. Weil sie sich infolgedessen nie wirklich beweisen müssen hinkt die Entwicklung eines stabilen Selbstbewusstseins oftmals hinterher, sodass der scheinbare Vorteil zum Nachteil verkommt.


Gleich und Gleich gesellt sich gern

Menschen glauben Menschen die sie kennen oder zu kennen gedenken. Zudem mögen sie Menschen mit Ähnlichkeiten. Und zwar unabhängig davon, ob dies die Meinung, ein Persönlichkeitsmerkmal, die Herkunft, das Verhalten oder den Lebensstil betrifft. Kein Wunder werden in verkaufspsychologischen und NLP (Neuro-linguistisches-Programmieren) Aus- und Weiterbildungen Teilnehmende explizit dazu angehalten Mimik und Gestik an die des Gegenübers anzugleichen. Der Kerngedanke von Pacing und Leading ist es, auf diese Weise günstig auf den Kommunikationspartner einzuwirken. Dass die Spiegeltechnik funktioniert, haben Kommunikationsexperten unlängst in anderem Kontext herausgefunden. So passen Menschen in Gesprächen mit prestigeträchtigen Personen automatische Stimme und Sprechweise an die ihres prominenten Interaktionspartners an.


Anerkennung

Anerkennung/Wertschätzung gehört zusammen mit Status/Geltung zu den Individualbedürfnissen und kommt in der Maslow-Pyramide gleich nach der Selbstverwirklichung. Damit dürfte unweigerlich klar geworden sein, warum wir alle eine evidente Schwäche dafür haben, wenn uns jemand zugetan ist. Und obschon Anerkennung ein ziemlich sicheres Zeichen dafür ist, dass dieser jemand etwas von uns will, schmeichelt uns das. Zwar hat unsere Gutgläubigkeit auch ihre Grenzen, speziell wenn die Komplimente allzu plump ausfallen. Aber in der überwiegenden Zahl der Fälle sind wir ganz Ohr, wenn ein Loblied auf uns angestimmt und uns Wertschätzung gezollt wird.


Guter-Bulle-schlechter-Bulle

Aus der Gruppenforschung ist bestens dokumentiert, dass Kontakt und Kooperation sympathiefördernd sind. Diesen Sachverhalt griffen Ermittlungsbeamte auf und entwickelten die Guter-Bulle-schlechter-Bulle-Praktik. Die meisten dürften den Ablauf aus der Filmindustrie kennen. Ein tobender, hasserfüllter Cop wechselt sich mit einem besonnen, gutmütigen Polizist ab. Im Kontrast zu Drohgebärden und Einschüchterungsversuchen wirkt Freundlichkeit erfrischend anders. Weil sich der nette Kripobeamte wiederholt für den Verdächtigen einsetzt, löst dies ein reziprokes Verhalten aus. Und obendrein erweckt das vermeintlich kooperative Verhalten beim Beschuldigten den Eindruck, dass sich tatsächlich jemand für seine Belange einsetzt und mit ihm zusammenarbeitet.


Assoziationsprinzip

Mit Brand Ambassadors, Markenbotschafter, Producplacements etc. haben Werbefachleuchte ein ausgezeichnetes Instrument, um ihren Produkten den nötigen Glamour einzuhauchen. Gemäss dem Assoziationsprinzip steigt das Renommee einer Marke, wenn das Produkt von erfolgreichen Leuten umgeben ist. Den Akt der Verknüpfung kennt indes auch der Ottonormalbürger, der aus Imagegründen geschickt mit angeblichen “Connections“ trickst. Bsp. Selfie mit Prominenten. Positive Assoziationen werden gefliessentlich zur Schau gestellt und negative Verbindungen nebulöse zu verschleiern versucht. Die unverblümteste Art dürfte wohl bei Sportereignissen zum Tragen kommen. Achten Sie sich mal darauf wie sich Fans, solange sich ihre Mannschaft auf der Siegerstrasse befindet, von WIR sprechen. Sobald sich aber das Glück wendet heisst es dann eher DIE oder SIE. Nur eingefleischte Fans sind wirklich loyal. Die meisten ziehen sich bei Niederlagen elegant aus der Affäre distanzieren gekonnt.


“Liebe geht durch den Magen“

Wer kennt es nicht, das Pawlow Experiment? Darin wurde gezeigt, wie Hunde darauf konditioniert werden konnten, die typische Reaktion auf Nahrung bei einem akustischen Zeichen hervorzurufen, obschon es gar nichts zu fressen gab. Bewerkstelligt wurde das, indem dem Tier bei der Fütterung zunächst einen Klingelton vorgespielt wurde. Nach kurzer Zeit begann der Hund schon beim blossen Ertönen des Signals mit Speichelfluss zu reagieren.


Der herausragende Psychologe Gregory Razan entdeckte in den 1930er-Jahren, dass es neben dem Speichelfluss noch viele weitere Reaktionen auf Nahrung gibt. Mit seiner Imbisstechnik bewies er, dass er die Gestimmtheit seiner Versuchspersonen gegenüber Dingen und Mitmenschen verbessern konnte, wenn er sie beim Essen mit ihnen in Berührung brachte. So erstaunt es nicht, dass etwa in der Politik versucht wird aufmüpfige Kontrahenten mittels Essen auf Linie zu bringen. Oder auch Woltätigkeits-organisationen “servieren“ an ihren Spendengalas die Speisen stets zusammen mit ihren finanziellen Anliegen.


Autorität

Milgram-Experiment

Einer der schockieresten Beweise für den Einfluss externer Autoritäten lieferte das skurrile Experiment von Stanley Milgram. Die Besetzung der Eingeweihten bestand aus einem Wissenschaftler mit Laborkittel sowie einem Schauspieler in der Rolle des freiwilligen Schülers. Weiter daran „teilgenommen“ haben 40 uneingeweihte Probanden in der Rolle als Lehrer. Letzteren wurde vorgegaukelt, dass es bei dem Versuch darum ginge herauszufinden, welchen Einfluss Bestrafung auf die Lern- und Gedächtnisleistung habe. Diesbezüglich sollte der Lehrer Fehler der Schüler mit immer stärkeren Elektroschocks sanktionieren. Selbstverständlich wurden keine richtigen Elektroschocks verabreicht und alles war inszeniert inkl. der ohrenbetäubenden Schreie, welche bis ins Mark gingen. Denn das eigentliche Ziel war die Beantwortung der grundlegenden Fragestellung: Was sind Menschen, unter Anordnung einer Autoritätsperson, bereit, einem unschuldigen Menschen anzutun? Das erschreckende Resultat: Zwei Drittel aller Teilnehmer haben alle 30 Schalter bis hinauf auf 450 Volt umlegten. Auch bei späteren Experimenten erfüllten 65% der Probanden „ihre Pflicht“. Und zwar unabhängig vom Geschlecht.


Blinder Gehorsam – Fluch und Segen zugleich

Autoritätssysteme bringen einer Gesellschaft grundsätzlich viele Vorteile. In gewisser Hinsicht ist soziale Kontrolle sogar Voraussetzung für das Funktionieren von Güterproduktion, Handel, Verteidigung etc.. Schon im Kindsalter wird uns eingetrichtert, dass Gehorsam gegenüber legitimierten Autoritäten gut ist. Angefangen bei den Moralpredigten unserer Eltern über die Lehrerschaft bis hin zum Religionsunterricht. Aber auch im Erwachsenenalter wird sich Vorgesetzten, Richtern und Politikern untergeordnet. Die Autoritätshörigkeit stützt sich grösstenteils auf das Machtgefälle und drohende Sanktionen. Handkehrum aber auch auf das Vertrauen in fremdes Knowhow, da eine ranghöhere Position auf einen besseren Zugang zu Wissen schliessen lässt.


Tatsächlich ist dieses Verhalten vielfach lohnend und bringt uns in der Regel dazu situativ das Richtige zu tun. Es gibt allerdings Ausnahmen, wo wir matchentscheidende Nachteile davontragen. Das gravierende Problem an Autoritätshörigkeit ist, dass wir uns sogar dann fügen, wenn es eigentlich sinnlos ist. Sobald von oben Anordnungen und Befehle erteilt werden, stellen Untergebene das Denken ein, hinterfragen nichts mehr und reagieren mechanisch. Die Situation wird dann nicht mehr als Ganzes betrachtet und einzelne Dinge sind plötzlich unbedeutend, auf die sonst jeder achten würde. Wie desaströs dies sein kann zeigen folgende Beispiele:

  • Krankenhaus: Haben die „Götter in weiss“ eine Medikamentenabgabeverordnung ausgestellt wird diese von Patienten, Pflegekräften, Apothekern oder anderen Ärztekollegen so gut wie nie in Frage gestellt. Fatal wenn dem Arzt ein Fehler unterlief…

  • Luftfahrt: Bei Zwischenfälle in der Luft zeichnet sich ein ähnliches Bild. Aus der Unfallforschung ist bekannt, dass Crewmitglieder selbst offensichtlichste Fehler des Flugzeugkapitäns nicht korrigieren. Mit der der bitteren Konsequenz eines Flugzeugabsturzes. Die Luftfahrbehörden nennen die tragische Kuriosität „Captainitis“.

Titel, Statussymbole, Kleidung

Wir Menschen sind nicht nur durch Autoritäten selber zu beeinflussen, sondern gleichermassen durch Titel und Statussymbole wie bsp. teure Uhren, Villen, Yachten, Nobelkarossen etc.. Daneben können auch Kleidungsstücke als Insignien der Macht dienen. Eine Uniform wie bsp. ein Ärztekittel oder eine Kapitänsmütze impliziert in unserem Kulturkreis, dass es sich beim Träger um eine Autoritätsperson handelt. Selbst bei völlig Fremden können derlei Utensilien eine eigentümliche Folgsamkeit hervorrufen. Gleiches gilt für massgeschneiderte Anzüge und Designerklamotten. Neben ihrer dekorativen Kernfunktion kann so eine Kluft auch als “Geheimcode“ dienen. Gerade angesagte

Szenelabels fungieren gerne als Eintrittskarte in den “inner circle“ von Insidern. Über die Bedeutung von Titeln, Statussymbolen und Kleidung sind sich ebenfalls Hochstapler im Klaren, weshalb sich solch finstere Gestalten besonders doll daran vergreifen. Das verblüffende daran ist, dass sie gar in Abwesenheit ihre Wirkung nicht verfehlen.


Körpergrösse

Wie Studien bestätigen konnten kohärieren Autoritätsstatus und Wahrnehmung der Körpergrösse miteinander. Im Wissen um die Dualität, versuchen sich Manipulatoren mitunter dadurch mehr Status zu verschaffen, indem sie Grösse vortäuschen. Notabene ist Körpergrösse bei hierarchisch organisierten Tierpopulationen ein entscheidender Faktor für die “Hackordnung“. Und auch beim menschlichen Balzverhalten springen Frauen signifikant besser auf grossgewachsene Männer an. Bezeichnenderweise ist es bei den Frauen genau andersherum. Kleinere Frauen von schmächtiger Statur erwecken mehr männliches Interesse.


Knappheitsprinzip

Das Knappheitsprinzip besagt, dass uns Möglichkeiten umso wertvoller erscheinen, je weniger erreichbar sie sind. Die Macht dieser Maxime speist sich aus zwei Quellen: Die eine ist unsere Anfälligkeit für die eingangs erwähnten Shortcuts. Die zweite Komponente ist Reaktanz, auf welche wir im folgenden Abschnitt etwas genauer eingehen möchten:


Reaktanztheorie

Wann immer wir Optionen beschnitten oder uns beim Zugang zu einer Sache Hürden auferlegt werden, setzt eine Gegenreaktion ein, in der versucht wird, die einmal besessene Wahlfreiheit wieder auszugleichen. Eine Einengung des persönlichen Kontrollradius mögen wir partout nicht ausstehen, weil es unserem Trachten, die angestammten Privilegien zu bewahren, ziemlich diametral gegenübersteht.

Das irrwitzige daran ist, dass uns Reaktanz als Motivationsfaktor selten bewusst ist. Wir bemerken zwar, dass wir etwas brennend haben wollen, können uns jedoch nicht erklären warum. Um uns unser gesteigertes Interesse auf Verstandesebene zu erklären, fangen wir dann an, der Sache positive Eigenschaften zuzuschreiben.


“Taktik der kleinen Menge“ & “Taktik der kurzen Fristen“

In der Wirtschaft wird das Knappheitsprinzip vor allem in Form der „Taktik der kleinen Menge“ und der „Taktik der kurzen Fristen“ eingesetzt. Bei ersterer wird suggeriert, dass das Angebot mengenmässig nur limitiert verfügbar ist. Bei letzterer wird der Kunde mit künstlichen Deadlines unter Druck gesetzt. Bsp. Limited Edition, Flashsale mit Countdown, befristete Aktionen


Verbot, Exklusivität, Zensur

Bei Informationen, Botschaften und Mitteilungen äussert sich Knappheit in Form von Verboten, Exklusivität oder Zensur. Die gängige Reaktion darauf ist, dass wir ein grösseres Interesse daran hegen und die Quelle paradoxerweise für glaubwürdiger halten. Ausgeschlafene Meinungsmacher die eher unpopuläre Positionen vertreten sind daher nicht selten bestrebt die Inhalte von offizieller Seite verbieten zu lassen, nur um dann die Tatsache der Zensur selber publik zu machen. Bsp. Musik die auf den Index kommt oder Film zugelassen ab 18 Jahren


Social Demand (gesellschaftliche Nachfrage)

Das Knappheitsprinzip funktioniert nicht nur bei materiellen Gütern, geistigen Schöpfungen etc. sondern auch in sozialen Dynamiken wie bsp. in der Job- oder Partnersuche. Sobald sie ihrem Interaktionspartner, Grundinteresse vorausgesetzt, glaubhaft vermitteln können, dass noch ein Drittinteresse an ihrer Person besteht, steigt der subjektiv wahrgenommene Wert ins Unermessliche, auch wenn sich rein objektiv gar nichts geändert hat. Aus dieser Perspektive ist es also gar nicht abwegig wenn sie bsp. im Vorstellungsgespräch subtil einbringen kürzlich noch zu anderen Jobinterviews eingeladen worden zu sein. Und auch auf dem Singlemarkt kann es bis zu einem gewissen Grad förderlich sein, wenn man „hard-to-get“ spielt. Ein Tool, welches gewisse Leute zur Perfektion getrieben haben und schon so manches Gegenüber zum Verzweifeln brachte. Was sich in ihrem Pendent nämlich abspielt, wenn sie sich rarmachen ist folgendes: Es kommt der Gedanke auf, dass die Person offensichtlich begehrt sein muss und viele Optionen hat. Was diese intuitiv dazu veranlasst “etwas zu unternehmen“, womit wir wieder beim Investitionsprinzip angelangt wären.


Wettbewerb belebt das Geschäft

Der Kampf um begrenzte Ressourcen facht einen Wettstreit geradezu magisch an. Unser Jagdinstinkt ist so gepolt, dass wir Dinge mehr schätzen, wenn wir sie uns erkämpfen mussten. Das Verlangen nach etwas, bei dem man sich gegen Mitbewerber durchsetzen muss, ist beinahe körperlich spürbar. Hier einige Beispiele:

  • Fomo (Fear-of-missing-out) in Warenhäusern: Bei saisonalen Schlussverkäufen oder medial ausgelösten Panikkäufen wie zuletzt bsp. der Toilettenpapierhysterie können Menschenmassen völlig von Sinnen sein.

  • Verkäufer die ihre Kunden “zum Glück zwingen“: Wenn keine Mitstreiter unmittelbar vor Ort sind, müssen Verkäufer ihr Repertoire erweitern, indem bsp. Drittinteresse inszeniert oder verbal zum Ausdruck gebracht wird. Bei unentschiedenen Kunden kann so ein Move das Interesse am Objekt der Begierde klammheimlich auflodern lassen.

  • Reserviert: Stellen Sie sich ein Autohaus vor, welches bei zahlreichen ausgestellten Autos unter der Frontscheibe “Reserviert“ angebracht hat. Wie wirkt das wohl auf Interessenten?

  • Reale oder imaginäre Bewunderer: Wenn bei Ungeliebte aus eigennützigen oder zufälligen Gründen einen konkurrierender Rivalen ins Spiel kommt, werden die Karten komplett neu gemischt. Bei abgekühlten Paarbeziehungen kann dies manchmal wahre Wunder wirken.

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