Im Zuge der Corona-Pandemie ist das Thema Impfen omnipräsent. Und mit dem Fortschreiten der Impfkampagne wird die Vakzination zunehmend auch im Rahmen von Arbeitsverhältnissen von Belang. In Rekrutierungsverfahren dürfte demnach der Druck auf Bewerber, ihren Impfstatus preiszugeben bzw. die Frage nach Immunität, tendenziell steigen. Doch sind Arbeitgeber überhaupt berechtigt den Impfstatus zu erfragen oder gar einen Immunitäts-Nachweis zu verlangen? Fakt ist: Ein gemeingültiges Fragerecht gibt es bis dato genau so wenig wie eine allgemeine Impfpflicht am Arbeitsplatz. Es ist daher nicht davon auszugehen, dass die Impffrage in Zukunft flächendecken Schule machen wird. Pauschal kann man sagen, dass die Frage überall dort ihre Berechtigung hat, wo die Impfung konkrete Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis hat. In solchen Fällen dürfte die Erkundigung nach dem Impfstatus oder das Verlangen eines Impfnachweises arbeitsrechtlich ok sein. Demgegenüber begeben sich Chefs die aus purer Neugier nach der Impfung fragen auf juristisch heikles Terrain.
Worum es den Arbeitgebern in der Regel geht, wenn sie den Impfstatus in Erfahrung bringen wollen
Man darf Arbeitgeber nicht zwangsläufig dafür verurteilen, dass sie einen ausfragen oder ausgrenzen wollen. Nicht selten haben diese ein berechtigtes Interesse aufgrund der Einsatzplanung oder dem Aufbau entsprechender Infrastruktur. Wenn bsp. zu grösseren Anlässen nur Leute Zugang erhalten die als geimpft, getestet oder genesen gelten, fallen darunter gleichermassen die Mitarbeitenden. Ergo, wenn sich ein Bewerber nicht impfen lassen will, so braucht er sich testen zu lassen. Insofern braucht dies ein Arbeitgeber zu wissen, um gegebenenfalls die nötigen Testkapazitäten zur Verfügung zu stellen oder sonstige Vorkehrungen zu treffen.
Ab wann ist es ein Eingriff ins Persönlichkeitsrecht?
An und für sich darf ein Arbeitgeber nur Daten über die Bewerber bearbeiten, soweit sie die Durchführung der Arbeit tangieren. Es sei denn die Gesundheitsfrage zielt explizit auf die Eignung für das Arbeitsverhältnis ab. Dies jedoch unter der Bedingung, dass die spezifische Frage in unmittelbarem Zusammenhang mit der Vakanz steht. Es ist somit immer im Einzelfall zu prüfen, ob die Impfung für eine konkrete Stelle relevant ist oder nicht. Dabei sind namentlich die Position und die Wichtigkeit der Stelle zu berücksichtigen. Wo exakt die Grenze zwischen Zulässigkeit und Unzulässigkeit der Impffrage verläuft kann leider nicht abschliessend geklärt werden. Es gibt Grauzonen.
Was tun wenn die Impffrage aufgeworfen wird?
Der Bewerber muss für sich selber vorher einschätzen ob die Frage gerechtfertigt ist oder nicht. Bei Zulässigkeit der Frage, muss diese vom Bewerber grundsätzlich vollständig und wahrheitsgetreu beantwortet werden. Ist die Frage hingegen unzulässig, ist der Kandidat nicht verpflichtet Auskunft zu erteilen. In diesem Fall hat er folgende Optionen: 1. Die Frage nicht zu beantworten, 2. Bewusst eine Falschangabe zu machen. Bewerber müssen illegale Fragen nicht beantworte und besitzen im Extremfall sogar das Recht zur Notlüge.
Notwehrrecht der Lüge & Diskriminierungsverbot
Besteht, Unzulässigkeit der Frage vorausgesetzt, für einen Bewerber grosse Unsicherheit darüber, dass er die Stelle deswegen nicht bekommt, wenn er dem künftigen Arbeitgeber die Frage nicht beantwortet, so wird ihm das Notwehrrecht der Lüge eingeräumt. Dieses geht soweit, dass ein Arbeitgeber selbst dann nicht gegen einen Bewerber vorgehen kann, sofern die Falschaussage später ans Tageslicht kommt. Darüber hinaus existiert in der Schweiz das Diskriminierungsverbot. Dieses besagt, dass ausgewählte Personengruppen nicht ohne Weiteres benachteiligt werden dürfen. Tricky dürfte es allerdings spätestens dann werden wenn bsp. ein Linienpilot international tätig ist und Drittstaaten ansonsten die Einreise verweigern oder Transportgesellschaften die Beförderung vom Impfnachweis abhängig machen. Hier können Bevorzugungen von Immunen bei der der Einstellung nicht ausgeschlossen werden.
Der Impffrage vorbeugen
Selbstverständlich steht es Bewerbern jederzeit frei die Impffrage vorwegzunehmen. Wer weiss vielleicht sind Sie ja schon Genesen und besitzen ein gültiges Zertifikat. Unter Umständen stehen Sie der Impfung offen gegenüber oder haben sich schon pieksen lassen. In diesen Fällen können Sie bsp. im Lebenslauf proaktiv auf Ihren Covid-Status bzw. Ihre Absichten hinweisen. So müssen Sie sich über die Bewerbung hinaus im allfälligen Vorstellungsgespräch zumindest dieser Fragen nicht stellen und sorgen von Anfang an für Transparenz.
Die Impfung als Einstellungskriterium
Während in der Covid-Verordnung selber keine generelle Impfpflicht vorgesehen ist, setzt das Epidemiengesetz indes darauf, dass die Kantone Impfungen fördern. Ausserdem können sie Impfungen für besonders exponierte Personengruppen und bestimmte Tätigkeiten sowie für gefährdete Bevölkerungsgruppen für obligatorisch erklären, falls ein erhebliches Risiko besteht. Bei medizinischen Pflegeberufen und Betreuungseinrichtungen mit Berührungspunkt zu vulnerablen Personen kann prinzipiell ohne Gesetzesänderung eine Impfung verlangt werden. Das gleiche gilt für Berufsgattungen mit engem Kontakt zu Drittpersonen wie Kund/innen, Schülern, Fluggästen, Mitarbeitern am Arbeitsplatz etc..
Derlei Arbeitnehmer müssen sich so einen Eingriff in die körperliche Integrität gefallen lassen, wenn das Interesse am allgemeinen Gesundheitsschutz überwiegt. In diesem Sinne könnten Arbeitgeber der Pflicht zum Gesundheitsschutz subsumiert werden. In der Vergangenheit wurden auf der Welt schon ganz andere Impfungen für obligatorisch erklärt. Bisher setzten jedoch sowohl Behörden als auch Arbeitgeber auf Freiwilligkeit.
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