Kandidatur.ch
13. Juli 20233 Min.
Kern des Elevator-Pitchs (zu Deutsch so etwas wie "Aufzugsrede") ist das hypothetische Szenario, dass Sie einem wichtigen Entscheidungsträger im Fahrstuhl begegnen und 60-90 Sekunden Zeit haben Ihr Anliegen an den Mann zu bringen. Das Gerüst dazu eignet sich ebenfalls hervorragend für ein Skript einer Videobewerbung.
In dieser Übung geht es darum eine kurze Selbstpräsentation zu stricken. Ziel ist es diese packend wiedergeben zu können, um darüber hinaus positiv im Gedächtnis haften zu bleiben. Der Fokus liegt auf Ihrem Mehrwert in Form von Qualifikationen und Erfahrungen, der Affinität zur Firma, dem konkreten Nutzen für die Unternehmung, ihrem USP (Alleinstellungsmerkmal) sowie ihrer Passion und den gehegten Ambitionen, aber nun der Reihe nach:
Schreiben Sie Ihre Gedanken 1-1 nieder. Verwenden Sie möglichst simple Satzstellungen und bildhafte Sprache, um Gedankengänge zu erleichtern. Nutzen Sie prägnante Verben und aussagekräftige Eigenschaftswörter. Vermeiden Sie gleichzeitig jegliche Art von Negationen.
Redigieren Sie den Text bis zur Perfektion. Da eine Punktlandung erzielt werden soll ist schlicht kein Platz für Überflüssiges und sinnlose Wiederholungen.
Nun gilt es die Textpassagen einzuprägen, indem sie laut vorgelesen werden. Leises Murmeln zählt nicht, denn die Artikulation und Modulation haben unmittelbaren Einfluss auf das Zeitlimit. Dort wo der Lesefluss stockt, drängen sich womöglich Änderungen auf. Flüssiges Sprechen ist ein absolutes Muss.
Wenn der Text sitzt kommt die Generalprobe. Tragen Sie Ihre Speech einem Zuhörer vor und sammeln Sie Feedback. Sehen Sie Anmerkungen nicht als Kritik, sondern als Chance sich zu verbessern. Da es hier noch um NICHTS geht können Sie darauf aufbauen.
Sobald der Feinschliff gemacht ist geht es vor die Kamera. Das tolle daran ist, dass Sie grundsätzlich auch hier mehrere Versuche haben. Notfalls kann sogar mit einem Teleprompter beholfen werden.
Stellen Sie sich vor Sie treffen im Fahrstuhl zufällig auf einen Personalchef. Geistesgegenwertig ergreifen Sie die einmalige Chance und erzwingen ein Instant-Vorstellungsgespräch bei dem Sie proaktiv reüssieren. Kamera läuft!
"Mein Name ist Claudio. Ich bin 29 Jahre alt und verfüge über ein kommunikatives Naturell."
"Geboren und aufgewachsen bin ich in Winterthur und entsprechend verankert in der Region."
""Ich bin ledig, kinderlos, glücklicher Single ungebunden und flexibel."
"Meine Präferenz liegt im Marketing & Kommunikationsbereich."
"Ausgebildet bin ich als Detailhandelsassistent EFZ und Marketingfachfachmann EFA."
""Ich verfüge über mehrjährige Erfahrung im Content-Marketing und der Unternehmenskommunikation."
"Man sagt mir nach, dass ich über eine Hands-on-Mentalität verfüge und ein ausgeklügelter Stratege bin."
""Des Weiteren bin ich ein Teamplayer mit hoher Kundenorientierung."
"Mir liegt verfassen von hochkarätigen Inhalten, da ich stets die gewünschte Wirkung im Blick habe. Ich liebe es Messages nach aussen zu tragen und gezielt Emotionen zu triggern."
""Ich suche nach einer neuen Herausforderung, wo ich mich mittelfristig als Teamleader etablieren kann. Am ehesten Verwirklichen kann ich mich in einer grossen Unternehmung wie der Ihrigen, mit entsprechendem Marketingetat. Ich möchte endlich ankommen und mit der Firma mitwachsen."
"Meine Referenzen im Marketing attestieren mir einen hohen Impact. Die vorherigen Arbeitgeber im Ladenverkauf wiederum hatten sich jeweils für mich entschieden gehabt, weil es mir gelang in kurzer Zeit eine Stammkundschaft aufzubauen. Wenn Sie mich einstellen gewinnen Sie einen hochmotivierten, loyalen Mitarbeiter."
Auch wenn Sie im Vorstellungsgespräch für gewöhnlich Dialekt sprechen würden, empfehlen wir in einer Videobewerbung trotzdem Hochdeutsch. Dialekt wird gemeinhin assoziiert mit einer verringerten Auftrittskompetenz und führt automatisch zu niederem Status. Die Problematik wird dadurch verschärft, dass bei Bewerbungsvideos ein asymmetrisches Verhältnis vorherrscht. Da Sie einen Monolog halten und kein Dialog stattfindet, nehmen auch nur Sie den niederen Status ein. Dies gilt ganz besonders, wenn man Sie nicht kennt und dieses Botschaft der erste und einzige Eindruck von Ihnen ist.
Experimente in Deutschland haben eindrücklich belegt, dass Akteure, die sich des Hochdeutschen bedienten kompetenter bewertet wurden, als Beteiligte, die sich in Dialekt ausdrückten. Interessanterweise gab es allerdings auch innerhalb der Dialekte Abstufungen, sodass bsp. etwa Bayern kompetenter wahrgenommen wurden als Sachsen oder Berliner. In Relation zu den Hochdeutsch Sprechenden wurden sie jedoch immer noch als inkompetenter wahrgenommen. Auch im angloamerikanischen Raum wurden ähnliche Beobachtungen gemacht. So wirken bsp. in britischem Englisch sprechende Akteure kompetenter, als US-amerikanische und dies merkwürdigerweise sogar vor den eigenen Landsleuten. Um dieser Stigmatisierung zu entkommen und als Fachperson wahrgenommen zu werden gibt es also nur ein probates Mittel: Sprechen Sie akzentfreies Hochdeutsch, ansonsten werden sie knallhart schubladisiert!